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24. Mai 2014

Europawahl 2014: Kroatien

Warum es im jüngsten EU-Land Kroatien so wenig Europabegeisterung gibt – Ein Audiobeitrag von Ralf Borchard

Die Wahl versinkt im Hochwasser

(präsentiert von unserem Mitarbeiter Gordan Godec in Kroatien)

Im April vergangenen Jahres – kurz vor dem Beitritt zur EU – wählten die Kroaten zum ersten Mal ihre Abgeordneten ins Europaparlament und brachen sogleich alle Rekorde: mit einer Wahlbeteiligung von nur 20,8 Prozent wurden sie aus dem Stand zu den absoluten Wahlmuffeln unter den 28 EU-Ländern: Schlusslicht. Prognosen zufolge werden die Kroaten am Wahlsonntag 2014 diesen traurigen Rekord verteidigen.
Zynisch mutet da das Wahlmotto des sozialdemokratisch geführten linken Wahlbündnisses an: „Mein Europa“. Sie appellieren an den kroatischen Wähler, dass es wichtig sei, „wer deine Stimme nach Europa trägt“.  Die Konservativen der HDZ kontern ähnlich farblos. „Die Kraft für ein besseres Morgen“, ist ihr Slogan, mit dem sie sich vor allem selbst Mut machen.  Denn den großen Parteien vertrauen die Kroaten längst nicht mehr. Aus dieser Unzufriedenheit entstanden neue, kleine Parteien, die immerhin zwei bis drei der 11 Mandate Kroatiens im Europa-Parlament erringen könnten. Dazu gehören die linken „LABURISTEN“, die ökologisch-linke Partei „ORAH“ (Nachhaltige Entwicklung Kroatiens) und das wirtschaftsliberale „NACIONALNI FORUM“.

Doch ein echter Wahlkampf findet kaum statt und wenn, dann wird er nur zur Abrechnung mit dem politischen Gegner genutzt. Für viele gilt dieser Wahlgang vor allem als Test: hat die bisherige linksliberale Koalition abgewirtschaftet ? Wird sie die Unterstützung der Bevölkerung verlieren ? Das sind die Fragen, die die Kroaten besonders interessieren.

Sofort nutzten alle Parteien die Hochwasser-Katastrophe für ihre Zwecke. Sie tönten, den (nicht vorhandenen) Wahlkampf abzusagen und alle eingesparten Gelder und staatlichen Zuschüsse den Flut-Opfern zukommen zu lassen. Sollte die Wahlbeteiligung wieder so gering ausfallen wie beim letzten Europa-Wahlgang vor einem Jahr – dann wird das Hochwasser als Ausrede herhalten müssen. Auch eine Wahlniederlage wird dann niemand selbst zu verantworten haben – denn gegen Naturkatastrophen ist man ja bekanntlich machtlos!

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