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8. Mai 2015

Siegesparade in Moskau: Ein offener Brief an Angela Merkel

Panzer, im Gleichschritt marschierende Soldaten und Kampfjets am blauen Moskauer Himmel – die jährliche sogenannte Siegesfeier am 9. Mai auf dem Roten Platz ist nicht nur eine Feier des Sieges über Nazi-Deutschland, sondern auch eine gigantische Militärparade und Zeichen russischer Militärstärke. 70 Jahre nach Kriegsende soll der diesjährige Aufmarsch besonders pompös werden. Allerdings werden auf der Ehrentribüne die Plätze einiger internationaler Gäste leer bleiben. Viele westliche Staats- und Regierungschefs haben eine Teilnahme an der Veranstaltung aus Protest gegen Russlands Rolle im Ukraine-Konflikt abgelehnt. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel wird nicht anreisen. Stattdessen will sie einen Tag später am 10. Mai gemeinsam mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin einen Kranz am Grabmal des unbekannten Soldaten niederlegen.

Diese Entscheidung ist nicht nur bei der deutschen Linkspartei auf Kritik gestoßen – der bulgarische Schriftsteller und Drehbuchautor Angel Wagenstein hat einen offenen Brief an Angela Merkel verfasst, der sicher eine Kontroverse auslöst.

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Angel Wagenstein. Foto: BR | Stephan OzsvathAngel Wagenstein ist ein bulgarischer Schriftsteller und Regisseur.  Er kämpfte  im zweiten Weltkrieg als Partisan im antifaschistischen Widerstand, wurde verhaftet und zum Tode verurteilt. Mit dem Einmarsch der Roten Armee und Bombenangriffen auf Sofia endete auch Wagensteins Gefangenschaft. Er entkam der Todeszelle und wurde Filmemacher. 1989 wirkte er aktiv am Umsturz in Bulgarien mit. Seitdem arbeitet der heute 92-Jährige vor allem als Autor von Drehbüchern und Romanen.

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Sehr geehrte Frau Merkel,

zunächst einmal möchte ich meine aufrichtig guten Gefühle Ihnen persönlich und Ihrem Land gegenüber zum Ausdruck bringen. Ich bin jüdischer Herkunft, habe Lager und Gefängnisse überlebt, wurde wegen meiner Teilnahme am Widerstand gegen den Nationalsozialismus im von Hitler-Deutschland verursachten Zweiten Weltkrieg vom bulgarischen faschistischen Militärgericht zum Tode verurteilt.

Der Filmtitel „Der Tag danach“ tauchte in meinem Kopf auf, als die Welt erfuhr, dass Sie absagen, bei der Parade auf dem Roten Platz am 9. Mai 2015 anlässlich des 70. Jahrestages des großen Sieges der Vereinten Nationen über dem Nationalsozialismus dabei zu sein, und Ihre Aussage hörte, dass Sie stattdessen am Tag danach in Moskau sein werden – am 10. Mai.

Die Wahl liegt bei Ihnen, Frau Merkel, aber meine Erinnerung an den 10. Mai 1945 ist nicht nur mit dem Siegesfeuerwerk, mit den freudigen Umarmungen oder den Tränen der Trauer, der Wut und des Glück verbunden, sondern auch mit den schnell weggeworfenen Militäruniformen und Nazi-Insignien; mit den sich versteckenden oder sich als Dienstmädchen verkleidenden Nazi-Offizieren; mit den roten Streifen an den Ärmeln der gestrigen bulgarischen und nicht bulgarischen Bluthunde, die taten, als ob ihre Namen Hase wären und sie von nichts wüssten, wie man bei uns sagt; mit den panischen Anweisungen, die Spuren der erschütternden blutigen Verbrechen des Nationalsozialismus kurzerhand zu verwischen.

Und – wie die Welt später erfuhr – mit den fieberhaften und zu oft erfolgreichen Bemühungen der hohen Nazi-Kriegsverbrecher aus der ganzen blutigen Armada von Adolf Eichmann bis Dr. Josef Mengele, sich rasch eine neue Identität und falsche Pässe anzuschaffen, um nach Südamerika zu fliehen. Es war am Tag nach dem Sieg, am Tag danach. Ich bin sicher, dass Sie nicht zu ihren Ehren in Moskau sein werden, sehr geehrte Frau Merkel, dass Sie nicht sie an diesem 10. Tag des Monats Mai gedenken wollen.

Warum dann?

Kaum um auf der Parade nicht jene älteren Panzer T-34 zu sehen, die die Stahlfestigkeit der Hitlers Wehrmacht zerschmettert haben – jene russischen Panzer, wahrscheinlich jetzt kurzerhand frisch gestrichen, damit der Rost darauf nicht zu sehen ist. Denn Sie sehen einen von ihnen jeden Tag, wenn Sie in den Bundestag gehen – für immer auf seinen Marmorsockel gestellt, als der erste Panzer, der an jenem großen Tag in die Überreste von Nazi-Berlin gefahren ist.

Warum am Tag danach, Frau Merkel?

Ich weiß, wie Sie auch, was später geschah – von der Mauer bis zu „Amis go home“, von der sowjetischen Invasion in Afghanistan bis zu der amerikanischen in den Irak; ich kenne die Ereignisse in Magadan und auf dem Maidan, im Gulag und Guantanamo, aber nichts kann die Größe und Bedeutung unseres gemeinsamen Sieges über dem Nationalsozialismus trüben, den ich für meinen und Ihren persönlichen Sieg halte. Oder liege ich falsch?

Dann warum am Tag danach, Frau Merkel? Befürchten Sie nicht, dass Sie unverdient an die Flüchtlingen mit den falschen Pässen vom 10. Mai, an die Schuldigen, angereiht werden?  Oder an ihre Kumpels, die es nicht schafften oder Angst bekamen, die Kapsel mit Arsenik zu zerkauen?

Sie sind nicht ihrer Blutgruppe, ich habe keinen Zweifel daran! Und ich denke, dass der Theologe Horst Kastner, Ihr Vater, stolz gewesen wäre, Sie unter jenen zu sehen, die das Gesicht Deutschlands und seiner großen Nation unermüdlich von der Sünde „Zweiter Weltkrieg“ putzen.

Mit tiefstem Respekt,

Angel Wagenstein

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Zwei Fragen an Angel Wagenstein

Es gibt ja einen Grund für die deutsch (stellvertretend für EU)- russische Verstimmung. Wie könnte die Ihrer Meinung nach gelöst werden?

Die Gründe für die deutsch-russische Verstimmung sind klar: Sie wurzeln in den Gegensätzen zwischen der Ukraine und Russland, verursacht und geschürt von externen Faktoren und mit Außenhilfe. Entscheidend ist die für Russland besorgniserregende Annäherung der NATO an seine Grenzen und die Stärkung der nationalistischen, zu oft profaschistischen Tendenzen in Kiew. Noch weniger akzeptabel war die zu grobe, derbe Einmischung der USA in diesen heiklen Fall: Washington sollte sich abgewöhnen, seine eigenen Modelle und sein Verständnis für Demokratie weit über seinen Grenzen durchzusetzen. Es ist bereits bekannt, was eine solche Einmischung in der arabischen Welt angerichtet hat. Die Beziehungen zwischen EU und Russland könnten erst dann verbessert werden, wenn die EU sich nicht mehr ausschließlich an den Interessen der USA orientiert, sondern ihre eigenen Interessen definiert. Und dazu gehört auch: Mit Russland in guten Beziehungen zu sein und zusammenzuarbeiten.

Sie drücken mehrmals Ihre Wertschätzung für Angela Merkel aus. Was schätzen Sie besonders?

In dieser angespannten Situation strahlt Frau Angela Merkel als Vertreterin der Europäischen Gemeinschaft Mäßigkeit aus und erregt das Vertrauen, dass sie keine extremen militärischen Lösungen in diesem komplizierten Fall zulässt.

Kommentare (1)

Wolfgang SIEGFRIED W am

da stimme ich ueber ein ihr schreiben. auffallend ist bei der sache keiner sagt oder schreibt das wort. zurueck bis in der zeit wo diese mauer von deutschland gestandet ist Nato gehe heim bis zur deiner grenze wo du gewessen bist. die ost staaten von damals bis romenien. und natral dann wie die schweiz. oesterreich hat das verkauft und ist nicht mehr natral. wie es geschrieben ist. ein natraler staat darf gar nicht in die eu gehen. schuld ist da diese rot schwarze und nicht vergessen diese gruene patein keine sagte was wie viele fremte panzer richtung osten ging im ganzen waren es 400 stueck. darum kein natraler staat mehr so ist auch oesterreich in der nato angekommen nicht geschrieben da. eben so auch die kriegstreiber und natzi aufmasch in oesterreich. russland hat uns befreit nicht die usa. das wird niemals geschrieben sein so lange ich lebe. fuer mich waren die russen damals eine gute einheit und halfen was sie konnten. nicht aber die usa. geb bin ich 1948 linz uhrfahr oberoesterreich. so wird es auch nie sein ein europa mit alle voelker zusammen da ja alle eine antere sprache sprechen und auch im ganzen nicht das selbe volk sind wie diese eu uns weismachen will der name europa kommt vom griechischen so auch der euro. mehr braucht man nicht sagen.

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