Archiv
15. Mai 2015

Die großen Probleme des kleinen Montenegro: Das Balkanland will in die EU und in die NATO

Montenegro ist EU Kandidat und führt seit fast zwei Jahren mühsame Beitrittsverhandlungen. Es hapert mit den Kapiteln, die sich mit den Fragen der Rechtsstaatlichkeit, der Korruptionsbekämpfung und der Bekämpfung der organisierten Kriminalität befassen. Die Bewältigung dieser Probleme ist nicht nur der EU wichtig, sondern auch der NATO. Denn Montenegro will auch der NATO beitreten. Die Regierung in Podgorica muss Erfolge vorweisen können, nicht etwa gegenüber seinen eigenen Bürgern, sie wählen ohnehin seit 25 Jahren immer die gleiche Partei (Koalition) und die gleichen Leute.

Milo Djukanovic. Foto: dpa | picture-alliance
Milo Djukanovic. Foto: dpa | picture-alliance

Premierminister Djukanovic ist seit 1989 fast ununterbrochen an der Macht. Sei es als Premierminister oder als Präsident, er hat das Sagen. Ein Vierteljahrhundert regiert er das winzige Balkanland. Das muss man ihm erst nachmachen. Ein Wendehals ohne gleichen, sagen Kritiker und bemängeln Djukanovics autoritären Führungsstil und seinen Unwillen die Korruptionsbekämpfung auf allen Ebenen des Staates anzugehen. Auch deshalb braucht Montenegro Erfolge nach außen, gegenüber seinen westlichen Partnern, vor allem gegenüber der NATO.

 

 

Ein Erfolg, den die NATO haushoch schätzen würde und der die Aufnahme in das Militärbündnis entsprechend beschleunigen könnte,  wäre es z.B. wenn es der Regierung gelänge knapp über 30% aller Montenegriner zu überzeugen, sich ihr kleines Adrialand unter der NATO-Flagge vorstellen zu können.

Das hat Gründe. Die traditionelle Nähe zu Russland ist einer dieser Gründe. Für Viele gliche es einem  Verrat am großen orthodoxen Verbündeten, Teil der NATO zu werden. Die aktuelle politische Elite in Montenegro könnte sich damit besser abfinden, denn man sucht seit einigen Jahren (seit der Auflösung des Staatenbundes mit Serbien 2006) eher die Ferne als die Nähe zu Russland.

Der zweite Grund für das in der Breite der Bevölkerung vorhandene Misstrauen gegenüber der NATO ist der, dass Montenegro während der NATO-Angriffe auf Serbien im Frühjahr 1999 sozusagen als Kollateralschaden mitbombardiert wurde. Die Wunden sind noch tief und die Abneigung nur allzu verständlich, meint Gojko Raicevic, Leiter der Friedensgruppe „Nein zum Krieg, nein zur NATO“ aus Podgorica. Seine NGO und ihre Anti-NATO-Aktionen sind ein schmerzhafter Stein im Schuh des offiziellen Podgorica auf dem Weg in Richtung Westen. Bisher hatte seine Bewegung nur gegen die NATO agiert, jetzt agiert sie aber offen für Russland. Vor einigen Tagen erschien vor dem Gemeindesaal  in der südmontenegrinischen Hafenstadt Bar dieses Plakat:

Plakat zum 9.Mai, Tag des Sieges gegen Nazi-Deutschland. Plakat: Gojko Raicevic
„Zum Tag des Sieges. Dank euch dafür, dass es uns gibt“ (auf russisch) – Plakat zum 9.Mai, Tag des Sieges gegen Nazi-Deutschland. Plakat: Gojko Raicevic

Davor wurde die Friedensgruppe „Nein zum Krieg, nein zur NATO“ bekannt durch ein anderes Plakat, welches an vielen Ecken der Hauptstadt Podgorica Ende des letzten Jahres zu sehen war:

Plakat mit NATO-Soldat als Skelett und einem Affen. Plakat: Gojko Raicevic
„Der Mensch stellt den Menschen selbst bloß und sieht den Affen in sich, wenn er in den Spiegel blickt“ – Plakat mit NATO-Soldat als Skelett und einem Affen. Plakat: Gojko Raicevic

 

Mitarbeit: Zoran  Ikonic

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.