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16. Mai 2015

Hermann Bolle – der deutsche Baumeister der kroatischen Hauptstadt Zagreb

Als der dreißigjährige Kölner Baumeister Hermann Bolle 1875 zum ersten Mal nach Zagreb kommt, ein entlegenes Provinzstädtchen der großen Österreich-Ungarischen Monarchie, ahnt wohl niemand,  dass dieser Deutsche der „Baumeister der kroatischen Metropole“ werden wird.

Die Zagreber St. Stephans Kathedrale. Foto: BR |Stjepan Milcic

 

Zunächst arbeitet Bolle in Wien bei Friedrich von Schmidt, einem der angesehensten neogotischen Baumeister im Österreich-Ungarischen Reich. Schmidt vertraut dem jungen Kölner einige wichtige Projekte in Kroatien an, die er mit Auszeichnung ausführt, und auch Dank der Fürsprache seines Förderers, des einflussreichen kroatischen Bischofs J.J.Strossmayer, wird Bolle darauf hin die Restauration der Zagreber St.Stephans Kathedrale anvertraut. Diese Aufgabe bewegt Bolle dazu, 1879 endgültig nach Zagreb umzuziehen. Ein Jahr später wird die Stadt von einem starken Erdbeben erschüttert. Bolle wird zum Hauptrestaurateur der zerstörten sakralen und profanen Bauwerke ernannt.

 

 

 

 

Es hagelt Kritik von lokalen Baumeistern, weil Bolle von seiner neogotischen Ideologie geführt, bei den Restaurierungsarbeiten andere angetroffene Baustile wie Barock oder Renaissance manchmal einfach wegfegt, aber noch viel mehr aus Neid, weil sie selbst nicht die lukrativen Aufträge bekommen. So halten sie ihm auch die fehlende akademische Ausbildung vor die Nase und werfen ihm vor, er zerstöre den Geist und die Tradition der kroatischen Architektur. Seit Tatarenzeiten habe keiner so viel in diesem kleinen Kroatien verwüstet, wütete später einer der Zagreber Architekten, der wegen Bolle keine großen Aufträge bekommen konnte.

Bolle restauriert, baut um und baut neu, er entwirft sakrale Gegenstände und bürgerliche Zaunverzierungen. Ob große oder kleine Bauten, die gut bezahlt werden oder die ihm einfach Spaß machen – in knapp 50 Jahren seines Lebens in Zagreb arbeitet er an über 150 Bauwerken und mehreren hundert Entwürfen von Möbelstücken für die neue Bourgeoisie bis hin zu Fahnen der Feuerschutzgesellschaften in Zagreb, von Kroatien bis nach Serbien. Er restauriert und baut römisch- und griechisch-katholische, serbisch-orthodoxe und evangelische Kirchen, er arbeitet fürs Geld, ungeachtet der religiösen Spaltungen und des Unverständnisses im Land.

Die Arkaden des Zagreber Friedhofs Mirogoj. Foto: Mario Kristofic. | Mit freundlicher Genehmigung des Museums für Kunst und Gewerbe Zagreb

Sein Lebenswerk aber ist der Zagreber Friedhof Mirogoj, den er weitsichtig für eine Millionenstadt entworfen hat, obwohl die Stadt damals kaum 30.000 Einwohner zählte. Wichtig zu sagen ist, dass der Friedhof von Anfang an für Angehörige aller Religionen sowie für Atheisten offen war. Er gilt als einer der schönsten europäischen Friedhöfe und ist zugleich Park und Kunstwerk.

 

 

Die Straße entlang des Friedhofs, wo auch der große deutsch-kroatische Baumeister selbst seine letzte Ruhestätte gefunden hat, trägt heute seinen Namen. So haben die Kroaten einen ihrer größten Architekten gewürdigt, welcher der Stadt ihr heutiges Profil gegeben hat, wie der Kunstgeschichte Professor Dragan Damjanovic der Zagreber Universität herausstellt: „Bolle ist in Zagreb geblieben, weil er erkannte, dass er hier seine fachlichen und künstlerischen Vorstellungen voll entfalten kann. In den großen europäischen Metropolen wäre er wahrscheinlich nur einer von vielen gewesen, der die Ideen anderer hätte realisieren müssen. Hier war er derjenige, dessen Ideen andere umsetzen mussten.“

Die Ausstellung „Herman Bolle – der Baumeister der kroatischen Metropole“, anlässlich des 170. Geburtstages von Hermann Bolle kann im Museum für Kunst und Gewerbe in Zagreb bis zum 23. August 2015 besichtigt werden.

Mitarbeit: Stjepan Milcic

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