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11. Oktober 2015

Nach der Wien Wahl 2015 : Oktoberrevolution in Wien?

Kommentar von Karla Engelhard

Keine Oktober „Revolution“, kein blaues Wunder, aber ein blaues Auge bekamen die Sozialdemokraten in Wien. Sie verloren weiter an Wählerstimmen und die FPÖ bleibt ihnen auf den Fersen. Dieses Wahlergebnis, ein Stimmungstest für andere europäische Hauptstädte, kann nicht beruhigen. Die erste Wahl in einer europäischen Metropole seit dem Ausbruch der Flüchtlingskrise fiel dafür zu knapp aus. Wien steht im Mittelpunkt dieser Krise. In den vergangenen vier Wochen sind bis zu 300 000 Flüchtlinge durch Österreich gezogen – wie viele genau kann keiner sagen. Die meisten wollen weiter nach Deutschland. Anfang Juli 2015 beherbergte Wien rund 105 000 Menschen, die auf der Flucht waren. Relativ gesehen, nahm Österreich damit mehr Flüchtlinge auf als Deutschland. Das ist längst Geschichte. Die Flüchtlingskrise nutzen seitdem die Rechten in ganz Europa für sich aus, besonders in Wien. Seit Urzeiten wurde Wien rot regiert und zum Schaufenster sozialdemokratischer Sozialpolitik. In den internationalen Umfragen zur Lebensqualität rangiert die Stadt stets auf den ersten Plätzen. Die rechtspopulistische FPÖ war schon vor der Flüchtlingskrise stark, doch nun weiß sie, wie sie stärker werden kann. Sie punktet nicht mehr mit  ausländerfeindlichen Sprüchen, wie „Doham statt Islam“, sondern pflegt einen „besorgten Realismus“, vielseitig anwendbar. Eine „Ja, aber“ – Ausländerfeindlichkeit, nach dem Motto:  „Nichts gegen Menschlichkeit gegenüber echten Flüchtlingen, aber wir werden diese neue Völkerwanderung nicht bewältigen“. Die das behaupten sind naive Gutmenschen oder deutsche Bundeskanzlerin.  Damit spricht die FPÖ auch die Mitte an, ohne den fremdenfeindlichen Bodensatz zu verlieren. Laut Umfragen empfinden bis zu 80 Prozent der Österreicher Angst oder Ärger beim Thema Flüchtlinge und Asyl. Der Ärger richtet sich vor allem gegen die politischen Eliten des Landes.  Die FPÖ erscheint da als Kraft, die von beiden Sorgen befreit. In Österreich brennen keine Asylantenheime und Heinz-Christian Strache sieht in seiner FPÖ die wahre Pegida. Und selbst wenn etablierte Parteien die FPÖ rechts überholen wollen und panisch das Asylrecht verschärfen oder Grenzkontrollen einführen wollen, wählen die Unzufriedenen am Ende dennoch das Original, die FPÖ, wie ihr enormer Zuwachs bei drei Landtagswahlen zeigt. In Wien hatte die SPÖ Glück, weil viele Wienerinnen und Wiener Veränderungen und die FPÖ mehr fürchten, als die Flüchtlingskrise.  In einem Sozialstaat mit sehr hohem Niveau und in einer der lebenswertesten Städte der Welt gilt:  Wer viel hat, kann viel verlieren. Diesmal ist die Demokratie noch mit einem blauen Auge davongekommen.

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