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9. Dezember 2015

Wie der FC Bayern ein Dorf in Kroatien verzaubert

ARD-Mitarbeiter Stjepan Milcic über die Fußballer des NK Savski Marof

Wer hätte gedacht, dass eine freundliche Absage mehr bewirken kann als manche Zusage. Vor dem heutigen Champions League-Spiel Dinamo Zagreb – Bayern München hat eine Absage den Chef eines Amateurvereins glücklich gemacht. Drago Kramaric, 48, ist Präsident des kroatischen Fußballvereins NK Savski Marof. Der Amateurclub aus der Gemeinde Brdovec, 20 Kilometer westlich der kroatischen Hauptstadt Zagreb, feiert dieses Jahr sein 90-jähriges  Bestehen. Im Verein – der in seiner ruhmreichen Geschichte nie über die Kreisklasse hinauskam, wie der Präsident gerne betont – hat man sich folgendes gedacht: Es wäre doch eine nette Werbung für den Fußball, gleichzeitig eine Aufbesserung der spärlichen Vereinskasse, wenn man die zwei erfolgreichsten kroatischen Vereine, Dinamo Zagreb und Hajduk Split, zu Freundschaftsspielen einladen würde. Kann ja nicht so schwer sein, dachten sie sich, denn die Älteren unter ihnen konnten sich noch gut an die 70-er und 80-er Jahre erinnern, als die beiden Vereine als mehrfache jugoslawische Meister und Pokalsieger mit zahlreichen Nationalspielern in ihrer Gemeinde zu Gast waren. So nahm man telefonisch und schriftlich Kontakt auf – aber eine Antwort kam nie zurück.

Dann sagte sich Kramaric: „Na wenn die beiden nicht wollen, dann schreiben wir halt an Bayern München“. In Bayern leben und arbeiten schließlich viele Kroaten, beim FC Bayern haben einige Kroaten gespielt und Bayern hat letztlich auch viele Fans in Kroatien. Einen Anlass gab es auch: das Champions League-Spiel Dinamo – FC Bayern am 9. Dezember in Zagreb. So ging Mitte November ein Brief an den deutschen Rekordmeister. Überraschend ereilte in nur wenigen Tagen die Provinzfußballer tatsächlich eine Antwort. Natürlich eine freundliche Absage, denn der FC Bayern habe zu viele Verpflichtungen und könne leider den Wunsch des Amateurvereins nicht erfüllen. Das war dennoch ein Hammer – die kroatischen Vereine ignorieren uns und Bayern, der Gigant des Weltfußballs, antwortet mit liebevoll gewählten Worten! Savski Marof war begeistert. Der Verein gab den Brief an kroatische  Medien weiter, die sich sofort auf die Seite der Fußballenthusiasten aus dem kleinen Amateurclub schlugen.

„Wir arbeiten alle gemeinnützig hier und zahlen auch noch selber aus der eigenen Tasche drauf, damit unsere Kinder und Jugendlichen gesünder leben und nicht Tag und Nacht in Kneipen und an Computern rumhängen“, erzählt Präsident Kramaric. Die Gemeinde hilft so gut sie kann, private Sponsoren sind angesichts der Wirtschaftskrise nur schwer zu bekommen.
„Als der kroatische Nationalspieler Robert Prosinecki, einer der besten europäischen Fußballer aller Zeiten vor zehn Jahren beschlossen hatte, hier seine Karriere zu beenden, konnten wir es kaum fassen“, erinnert sich der Vereinsschef . „Robi, der bei Dinamo Zagreb, Sevilla, Real Madrid und Barcelona gespielt hatte, und mit Roter Stern Belgrad sogar Europameister geworden war – er verstand, dass man Kinder und Jugendliche immer neu für den Fußball begeistern muss. Es war für ihn nicht unwürdig, hier eine halbe Saison zu spielen, um Werbung für den Fußball zu machen, diese heutigen Fußballer und Sportbonzen denken nur ans Geld“, trennt Kramaric echte Sportler und Geschäftemacher.

Inzwischen hat sich – wohl durch den Medienwirbel angestoßen – auch Dinamo Zagreb gemeldet. Der Verein bot an, mit seiner B-Mannschaft in Savski Marof anzutreten. Das lehnte Kramaric nun aber ab: „Mit Bayerns B-Mannschaft ginge das noch, aber nicht mit Dinamos Reservetruppe“.  Schließlich habe auch ein Amateurverein seinen Stolz. Zudem hat Kramaric mittlerweile den Kontakt zum  FC Bayern weiterentwickelt. Der nächste Brief wurde mit der Bitte nach München geschickt, im Frühjahr ein Freundschaftsspiel mit den „All Star“-Veteranen auszutragen. Kramaric gibt nicht auf und glaubt, dass ihm dieser Clou mit Hilfe der ehemaligen National- und FC Bayern-Spieler Niko und Robert Kovac gelingen wird.

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