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Österreich scheidet im Halbfinale der Frauenfußball-EM aus
Sommermärchen ohne Happy End
Der Rathausplatz in Wien kocht. Es sind 37 Grad, als das Halbfinale der Frauenfußball-EM angepfiffen wird. Ein kurzer Regenschauer macht alles noch schlimmer. Das Wasser verdampft augenblicklich auf dem heißen Betonboden und wirkt wie ein Saunaaufguss.
In der Menschenmenge blitzt hier und da ein rot-weiß-rotes Trikot auf, vereinzelt sind wehen auch österreichische Fahnen. Die meisten Rathausplatzbesucher sind wegen des Spiels gekommen – einige wirken aber so, als wären sie etwas überrascht, dass Fußball gezeigt wird. Auf dem Rathausplatz läuft in den Sommermonaten eigentlich ein Musikfilmfestival. Das EM-Halbfinale kam nach dem überraschenden Viertelfinalsieg der ÖFB-Elf kurzfristig auf das Programm.
„Mein Gott“ – beschwert sich der Kameramann eines deutschen Fernsehsenders nach dem erfolglosen Versuch, Bilder von emotionsgeladenen Fans einzufangen – „jetzt schaffen die Fußballfrauen etwas Historisches, und was machen die Wiener? Sie verschlafen es!“
Tatsächlich dauert es etwas, bis richtige Fußballstimmung aufkommt. Die ersten Fangesänge ertönen in der 70. Spielminute. Das Highlight bis dahin: Auf der tennisplatzgroßen Leinwand erscheint plötzlich die Anzeige „Der Beamer schaltet in 10 Sekunden in den Standby-Modus“. Schallendes Gelächter im Publikum, 12000 Kehlen grölen den Countdown mit. Die Leinwand wird für eine kurze Zeit tatsächlich schwarz, dann rollt der Ball wieder.
Ein bisschen Aufruhr verursacht auch der österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen, obwohl er mit erstaunlich wenig Entourage auf dem Rathausplatz erscheint. Medienvertreter aller Gattungen stürzen sich auf ihn, er gibt Interviews und unzählige Selfies. Dann zieht sich der Bundespräsident auf die Terrasse einer der umliegenden Bars zurück und verbringt den Fußballabend in entspannter Atmosphäre mit Freunden. Immer wieder tritt er ans Geländer und lässt sich von Fans („Herr Bundespräsident, Herr Bundespräsident!) fotografieren.
Unter den Fans ist vom einfach gestricktem Macho-Typ („Die Figuren muss man sich mal anschauen, dass ist der Hammer, da können sich viele Frauen ein Beispiel nehmen“) über den typischen Wiener Schelm („Österreich war ja scho immer a Weltmacht im Fußball und daran müssen wir festhalten“) bis zum echten Frauenfußballfan („Die Frauen spielen einfach mit mehr Herz, mit mehr Biss, sie wollen einfach weiterkommen. Ich finde es schön, dass zumindest jetzt mal Frauenfußball wahrgenommen wird“) alles dabei. Inzwischen ist das Spiel auch richtig spannend geworden, beim Elfmeterschießen steigt der Geräuschpegel, Hände gehen in die Höhe und werden vor den Gesichtern zusammengeschlagen.
Und dann enden der Abend und auch das österreichische Sommermärchen mit vier verschossenen Elfmetern. Auf dem Wiener Rathausplatz ist die Enttäuschung schon sehr groß, emotionale Redaktionen gibt es aber kaum – die Hitze und das eine oder andere Bier haben die Fans träge gemacht.