München – ARD Wien https://www.ard-wien.de ARD Wien Website Mon, 25 Jul 2016 14:31:48 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.4 https://hayvan-storage-wordpress-master-studiowien.s3.amazonaws.com/uploads/2016/02/cropped-wien_favicon_512-1-32x32.png München – ARD Wien https://www.ard-wien.de 32 32 Kerzenlichter für die Opfer aus dem Kosovo https://backup.ard.wien/2016/07/26/kosovo-trauer-nach-amoklauf-in-muenchen/ https://backup.ard.wien/2016/07/26/kosovo-trauer-nach-amoklauf-in-muenchen/#respond Tue, 26 Jul 2016 04:00:25 +0000 https://www.ard-wien.de/?p=40313 Nach dem Amoklauf in München Die Regierung in Pristina reagierte schnell. Sie hat am Wochenende Staatstrauer für die Opfer des Amoklaufs von München angeordnet. Bereits am Samstag musste sie bestätigen, dass drei junge Kosovo-Albaner die Schüsse des Täters am Olympia-Einkaufszentrum nicht überlebt haben. Es handelt sich um die zwei Mädchen Armela und Sabina – beide […]

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Nach dem Amoklauf in München

Die Regierung in Pristina reagierte schnell. Sie hat am Wochenende Staatstrauer für die Opfer des Amoklaufs von München angeordnet. Bereits am Samstag musste sie bestätigen, dass drei junge Kosovo-Albaner die Schüsse des Täters am Olympia-Einkaufszentrum nicht überlebt haben. Es handelt sich um die zwei Mädchen Armela und Sabina – beide 14 Jahre alt – und um den 21-jährigen Dijamant. Artikel auf www.ard-wien.de lesen

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Das Verbrechen liegt mehr als 31 Jahre zurück, sorgt aber bis heute für politische Spannungen. Der Mord an dem jugoslawischen Dissidenten Stjepan Djurekovic in Bayern. Der Schriftsteller wurde am 28. Juli 1983 in einer Garage in Wolfratshausen durch Schüsse und Schläge getötet. Heute begann vor dem Oberlandesgericht München der Prozess gegen zwei mutmaßliche Drahtzieher des Mordes. Der frühere Chef des jugoslawischen Geheimdienstes UDBA, Zdravko Mustac, sowie der ehemalige Geheimagent Josip Perkovic müssen sich vor Gericht verantworten, weil sie die Ermordung des jugoslawischen Oppositionellen angeordnet und geplant haben sollen. Die Witwe des Opfers tritt als Nebenklägerin auf.

Der Gerichtsprozess gegen Perkovic und Mustac ist das Top-Thema in den kroatischen Zeitungen. Foto: BR | Gordan Godec
Der Gerichtsprozess gegen Perkovic und Mustac ist das Top-Thema in den kroatischen Zeitungen. Foto: BR | Gordan Godec

Seit Tagen berichten alle kroatischen Medien über den Prozessbeginn in München. 14 Journalisten aus Kroatien werden die Gerichtsverhandlung gegen die ehemaligen jugoslawischen Geheimdienstler vor Ort begleiten. Die liberale Zeitung „Jutarnji List“ beleuchtet in einer doppelseitigen Serie mit dem Titel „Die letzte Schlacht des Kalten Krieges“ die Hintergründe des Prozesses. Die konservative Zeitung „Vecernji List“ betont die Unabhängigkeit des deutschen Gerichts „Der vorsitzende Richter Manfred Dauster hat keine Vorurteile gegenüber dem Sozialismus“.
„Die rechte Oppositionspartei HDZ will den Prozess zur Hetzjagd auf alle ehemaligen Kommunisten und Linke in Kroatien missbrauchen“, warnt die links-liberale Zeitung Novi List. Angesichts der Präsidentschaftswahlen Ende des Jahres und den Parlamentswahlen im kommenden Jahr wird der Prozess in Kroatien in den kommenden Monaten von politischen Beobachtern als außerordentlich bedeutend für die parteipolitischen Auseinandersetzungen gewertet.

Dass es überhaupt zu diesem Prozess kommt, hat die EU mit ihrer Osterweiterung ermöglicht. Seit dem Juli 2013 ist Kroatien als ein Nachfolgestaat Jugoslawiens Mitglied der Union. Der Generalbundesanwalt hatte bereits 2005 Haftbefehle gegen Mustac und Perkovic erlassen, doch Kroatien weigerte sich, die hochrangigen Geheimdienstmänner auszuliefern. Erst seit Kroatien zur EU gehört, konnten europäische Haftbefehle erlassen werden, um eine Auslieferung zu erreichen. Wenige Tage vor dem EU-Beitritt verabschiedete Zagreb jedoch noch schnell ein Gesetz, das genau dies verhindern sollte. Perkovic, der als eine zentrale Figur im kroatischen Sicherheitsapparat gilt, konnte weiter in seiner Villa in einem noblen Viertel von Zagreb unbehelligt leben – zumindest vorerst.
Doch das neue kroatische Gesetz belastete die Beziehungen zwischen der Union und dem Neumitglied erheblich; Brüssel erhöhte den Druck auf Zagreb, drohte damit Fördergelder einzufrieren. Kanzlerin Angela Merkel nahm nicht an der Feier zum Beitritt Kroatiens teil. Und als die EU mit weiteren Sanktionen drohte, knickte das hoch verschuldete Land schließlich ein und passte das Gesetz zur Auslieferung an die EU-Vorgaben an. Im Januar 2014 wurden Perkovic und Mustac doch noch in Untersuchungshaft genommen. Auch eine Beschwerde gegen die Auslieferung lehnte der Oberste Gerichtshof ab – die Männer wurden nach Deutschland überstellt. Perkovic wird beschuldigt, den Mordauftrag umgesetzt und zu diesem Zweck mehrere Attentäter auf Djurekovic angesetzt zu haben. Dieser war im April 1982 über Österreich nach München geflohen, wo er in Kreisen von kroatischen Oppositionellen verkehrte. In einer Druckerei in einer Garage ließ Djurekovic regimekritische Bücher drucken.

Der ehemalige jugoslawische Geheimdienst-General Josip Perkovic (2.v.r.) steht am 17.10.2014 in München vor Gericht. Zweiter von links, der damalige jugoslawische Geheimdienstchef Zdravko Mustac. Foto: dpa/picture alliance
Der ehemalige jugoslawische Geheimdienst-General Josip Perkovic (2.v.r.) steht am 17.10.2014 in München vor Gericht. Zweiter von links, der damalige jugoslawische Geheimdienstchef Zdravko Mustac. Foto: dpa/picture alliance

Doch das soll gar nicht das Motiv für den Mord gewesen sein. Als Marketing-Direktor einer staatlichen Erdölfirma verfügte Djurekovic über detaillierte Kenntnisse über die Führungsschicht in seinem Heimatland. Angeblich hatte er Wissen über einen Korruptionsskandal. Das soll ihn in den Augen des Geheimdienstes zu einer besonderen Gefahr für den Staat gemacht haben. Was dem Fall weitere Brisanz verleiht: Das Opfer soll Recherchen der „Süddeutschen Zeitung“ zufolge für den Bundesnachrichtendienst (BND) gearbeitet haben.
Wegen des Mordes verurteilte das Oberlandesgericht München im Jahr 2008 bereits den Kroaten Krunoslav P. zu lebenslanger Haft, weil er den Tätern Schlüssel für die Garage besorgt hatte. Der Kroate war 1971 nach Deutschland gekommen, vier Jahre später soll er seine Agententätigkeit für den jugoslawischen Geheimdienst begonnen haben. P. war in diversen kroatischen Organisationen in Deutschland aktiv und gewann auch das Vertrauen von Djurekovic. Wer den Mord ausführte, ist bis heute ungeklärt. Im ersten Prozess war von drei Männern die Rede, die zunächst auf Djurekovic geschossen und danach noch mit einem Beil auf ihr Opfer eingeschlagen hätten.

Der erste Prozess in dem Mordfall sorgte aber vor allem für Aufsehen, weil die Machenschaften des jugoslawischen Geheimdienstes SDS in Deutschland verhandelt wurden. Die Richter zeigten sich überzeugt, dass der jugoslawische Machthaber Josip Tito zahlreiche Mordanschläge seiner Agenten im Ausland angeordnet hatte. Der Vorsitzende Richter sagte damals, das Verfahren habe „etwas Licht in das Dunkel“ der 22 Morde an Exilkroaten im Zeitraum von 1970 bis 1989 gebracht. Gleichzeitig kritisierte er die kroatischen Behörden. „In den zurückliegenden Jahren herrschte Stillschweigen.“ Die deutschen Behörden hätten keine Unterstützung bei den Ermittlungen bekommen.
Auch der aktuelle Prozess dürfte eine enorme Herausforderung für das Gericht werden. Denn als Zeugen sind zahlreiche ehemalige Agenten geladen. Die Hoffnung der Anklage dürfte daher auf dem bereits verurteilten P. ruhen, denn der sitzt bereits im Gefängnis und hat somit wenig zu verlieren. Möglicherweise werden vor dem Oberlandesgericht noch offene Rechnungen aus dem Kalten Krieg beglichen. Der Prozess beginnt daher unter äußerst strengen Sicherheitsvorkehrungen. Angesetzt sind bis Ende April vorerst 50 Verhandlungstage.

Beitrag: Till Rüger – Kamera: Alex Goldgraber – Schnitt: Christine Dériaz

Der TV-Beitrag von ARD Korrespondent Till Rüger vom 31.8.2013 für das Europamagazin zeigt nochmals die Hintergründe der Causa „Lex Perkovic“ und die damalige politische Situation in Kroatien nach dem EU-Beitritt und vor der Auslieferung von Zdravko Mustac und Josip Perkovic an Deutschland.

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