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3. September 2014

Putins Batterien

Das Foto zeigt eine MIG 21 im Jahr 1999. Theoretisch, könnte sie immer noch im Einsatz sein - Foto: picture-alliance/dpa
Das Foto zeigt eine MIG 21 im Jahr 1999. Theoretisch, könnte sie immer noch im Einsatz sein – Foto: picture-alliance/dpa

Am letzten Sonntag waren die serbischen Bürger schon etwas überrascht. Der Name des stärksten Mannes Russlands tauchte in den Nachrichten serbischer Medien dieses Mal nicht nur im Kontext des Ukraine-Konflikts auf. Es ging um Putins persönliches Geschenk, eine Art Spende, für das kleine Serbien. Den lahmgelegten serbischen Luftstreitkräften mögen sie wirklich als „humanitäre“ Hilfe erschienen sein. Der serbische Premier Aleksandar Vucic, der diese gute Nachricht am Sonntag verkündete, klang zumindest so.

Denn seit Ende Mai war der Himmel über Serbien, praktisch zum ersten Mal nach dem Zweiten Weltkrieg unbewacht. Die serbischen Luftstreitkräfte verfügten über keine einsatzfähigen Jagdflugzeuge. Der Grund: Verzögerung bei der Anschaffung von Starterbatterien aus Russland für die Kampfjets Typ „ MiG 29“ und „MiG 21“. Neben der Tatsache, dass ein souveränes Land auch Jagdflieger zur Bewachung seiner Souveränität haben sollte, warnten Experten, dass dadurch auch das sogenannte „Air Policing“ (Luftraumüberwachung) nicht möglich sei. Was eine internationale Verpflichtung Serbiens ist. Ohne „Air Policing“ hätte der serbische Luftraum von den europäischen Fluggesellschaften für unsicher erklärt werden können. Das hätte die nicht unbedeutenden Einnahmen von den Überflügen für Serbien gefährdet. Denn wer die Luftsicherheit nicht selbst garantieren kann, muss für viel Geld fremde Luftstreitkräfte anheuern.
Geld für die paar Batterien soll nicht das Problem gewesen sein, sondern vielmehr das „starre, bürokratische System“, das das Prozedere bei öffentlichen Anschaffungen unnötig verzögert. Wer genau dafür verantwortlich ist, blieb bis heute unbeantwortet.

So waren fast die gesamten serbischen Luftstreitkräfte lahmgelegt, denn betroffen war ihr Herzstück, die Jägerstaffel. Sie besteht  ohnehin nur aus drei veralteten MIGs 21 und vier – vor einigen Jahren modernisierten – MiGs 29, die den Krieg gegen die NATO 1999 überlebt hatten. Alle anderen Jagdflugzeuge sind grundsätzlich nicht mehr flugtauglich, da ihre – vom Hersteller vorgeschriebene – Lebensdauer abgelaufen ist.

MIG 29 der serbischen Luftstreitkräfte – Fotoquelle: vs.rs

Der „Batterien-Skandal“ brachte wieder einmal die generell schlechten Zustände bei der serbischen Luftwaffe ans Tageslicht: Es fehlt an Luftfahrzeugen, Treibstoff, Ersatzteilen und qualifiziertem Personal, kurz: An allem!

Noch vor einem Jahr sprach der damalige Verteidigungsminister und heutiger Premier Aleksandar Vucic von der Möglichkeit, dass Serbien bis Ende 2013, mit einem Kredit von ca. 1,4 Milliarde US-Dollar, 6 neue MiGs 35 und zwei neue Radarsysteme kauft. Obwohl die Unterzeichnung des Vertrages für dieses Jahr angekündigt wurde, kam die kalte Dusche vom aktuellen Verteidigungsminister Bratislav Gasic, während seines Besuchs in Moskau vor 3 Wochen – alles wird wegen der schweren Wirtschaftslage in Serbien auf Eis gelegt. Die Agonie der Luftstreitkräfte geht weiter.

Da gilt es zumindest zu zeigen, was man hat! Sobald die Batterien eingebaut waren, ließ Premier Vucic „seine“ Flieger demonstrativ in den Himmel aufsteigen. Der ohrenbetäubende Lärm der MIGs war bereits am Montag über dem Zentrum Belgrads zu hören – alles im Rahmen regelmäßiger Flugaktivitäten, hieß es vom Verteidigungsministerium. Kritische Stimmen erkannten darin gleich Premier Vucics politisches Marketing und eine bewusste Demonstration seiner Macht, oder der Funktionsfähigkeit der neuen Batterien, oder Putins Großzügigkeit… Egal. Vielleicht sollte man unter diesen Umständen dem geschenkten Gaul nicht ins Maul schauen…

Mitarbeit: Dejan Stefanovic

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