Eigentlich wollte Tibor Navracsics Erweiterungskommissar werden, oder wenigstens für internationale Kooperation zuständig sein. Aber der 48-jährige Jurist aus Veszpém ist auch ein treuer Diener. Da wo man ihn hinstellt, sagt er, da funktioniert er. Und so findet er auch schnell öffentlich Gefallen an seinem möglichen künftigen Job Kommissar für Kultur, Sport, Erziehung, Staatsbürgerschaft und Jugend. „Das Ressort ist mir auf den Leib geschnitten, sagt er. Ohnehin hänge alles davon ab,“ wie man ein Ressort ausfüllt.“ Seine Jobs in Ungarn bisher: Fraktionschef der Regierungspartei Fidesz (vor 2010), Justiz- und Außenminister – hat er als treuer Diener seines Chefs, Premier Viktor Orban, ausgefüllt.
Ein Portrait von Tibor Navracsics von Stephan Ozsvath:

Der Abbau des Rechtsstaats in Ungarn trägt vor allem seine Handschrift, sagen seine Kritiker. Mediengesetz, Zwangspensionierung von Richtern, zunehmende Kontrolle der Politik über die Justiz – die linke Opposition in Ungarn sieht es so: Ein Lakai Orbans ziehe zwar in die EU-Kommission ein, werde dort allerdings kaltgestellt, meint der sozialistische Europa-Abgeordnete Tibor Szanyi: „Seine Ressorts sind zwar an sich wichtig, aber auf EU-Ebene Null wert.“
Bei seiner Bewerbung im EU-Parlament werde man Navracics einen Spießrutenlauf bereiten, kündigen die ungarischen Sozialisten an. Denn Navracsics wird von seiner Vergangenheit eingeholt – als Wadenbeißer, der vermeintliche „doppelte Standards“ in der Bewertung Ungarns geißelte und wiederholt mit der EU-Kommissarin für Grundrechte, Reding, aneinander geriet.
Deshalb werde es Navracsics vor dem EU-Parlament schwer haben, glaubt auch der ehemalige EU-Zoll-Kommissar Laszlo Kovacs. Denn Navracsics stehe im Schatten seines Ministerpräsidenten, „eines Premiers, der in den letzten Jahren die EU immer wieder attackiert hat“, zählt er auf, „der die EU-Kommission beschimpft hat, sie könne nicht mal einen Dorfladen führen.“ Ungarn habe in mehreren Bereichen gegen EU -Normen und Werte verstoßen, sagt Kovács. „ Das fällt auf Tibor Navracsics zurück.“