Stephan Ozsvath zur zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen aus Bukarest:
In Rumänien hat am Morgen die Stichwahl um das Präsidentenamt begonnen. Zwei Bewerber sind aus der ersten Runde übrig geblieben: Der sozialdemokratische Premier Viktor Ponta und sein Herausforderer Klaus Iohannis, langjähriger Bürgermeister von Sibiu, Hermannstadt. „Ich wähle Iohannis, denn er ist ein Deutscher“, sagt ein orthodoxer Gläubiger in der Bukarester Innenstadt. Er sei besser als die Rumänen, meint er. Im Wahlkampf hatte Viktor Ponta Iohannis vorgeworfen, kein echter Rumäne zu sein, zu deutsch, zu protestantisch. Diese Rentnerin, die ihren Hund ausführt, schimpft, sie kenne Ponta zur Genüge. „Er hat nur Schaden angerichtet“, sagt sie. Würde Ponta Präsident, würde er per Dekret „Straftäter auf freien Fuß setzen“.
Pontas Sozialdemokraten hatten vor einem Jahr einen
Gesetzentwurf eingebracht. Das entsprechende Gesetz würde
korrupte Parlamentarier amnestieren. Insbesondere die
Sozialdemokraten sind in große Korruptionsaffären verwickelt, in
kleinerem Umfang auch Iohannis liberales Parteienbündnis.
Trotzdem hat dieser Mann Iohannis gewählt.“ Diese Schufte haben
versucht, Iohannis zu verleumden, aber wir haben das
durchschaut. Wir brauchen ein Rumänien der gediegenen Arbeit“,
das war Iohannis Slogan im Wahlkampf.
Ponta wirkte im Wahlkampf angriffslustiger als sein Widersacher.
Deswegen hat sie ihn gewählt, erzählt eine Rentnerin in
Bukarest. „Er ist aktiver, korrekter, intelligenter und
anständiger“, sagt sie. Dass Iohannis sehr hölzern bei den
Wählern ankam, ärgert den Rapper „Onkel Sapro“, 1-Q-Sapro. Im
ARD-Interview sagt er, im Fernsehduell sei Iohannis viel zu zahm
gewesen. „Du musst die Leute doch dazu bringen, dass sie sich
mit Dir identifizieren „, sagt er. „Du willst doch Präsident
Rumäniens werden. Dann repräsentier mich gefälligst“, schimpft
er.
Die Wahlbeteiligung war am Morgen geringfügig besser als vor
fünf Jahren, sie lag bei 8,5 Prozent, teilte das Zentrale
Wahlbüro mit. Im Wahlbüro 368 in einer Schule in der Bukarester
Innenstadt war die Wahlbeteiligung recht rege, bestätigt
Wahlvorsteherin Doina Draguleasa. Bis 10 Uhr hätten 84 Wähler
abgestimmt, sagt sie. „Aber jetzt kommen immer mehr“. (update
Zentrales Wahlbüro: 27% bis 13 Uhr Ortszeit, bis 16 Uhr Ortszeit
hatten gut 45 % der Wähler ihre Stimme abgegeben, gut 10
Prozentpunkte mehr als im ersten Wahlgang vor zwei Wochen)
Besonders groß war der Andrang vor den rumänischen
Auslandsvertretungen. Tausende standen schon am frühen Morgen
an, um ihre Stimme abzugeben. Im ersten Wahlgang vor zwei Wochen
hatten Tausende nicht wählen können. Der Außenminister war wegen
der Pannen zurück getreten. Die rumänische Diaspora favorisiert
laut Umfragen Iohannis. Am Freitag war es in Bukarest und
anderen rumänischen Städten deshalb erneut zu Protesten
gekommen. Auch heute abend gab es neue Proteste in Rumänien, um
für längere Öffnungszeiten der Wahllokale in den
Auslandsvertretungen zu kämpfen. Die Wahllokale schließen um 20
Uhr Mitteleuropäischer Zeit. Erste Ergebnisse von
Nach-Wahlbefragungen werden dann veröffentlicht. Erste
Hochrechnungen in der Nacht.