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24. Februar 2015

Serbien: Mokrin – das stolze Dorf der Ganter-Kämpfe und Eierschlachten

Karla Engelhard berichtet

https://soundcloud.com/ard_studio_wien/traditionelle-ganterkampfe-in-mokrinserbien
Über 20.000 Gänse lebten einst in dem kleinen Dorf Mokrin im Norden Serbiens, das für seine Produkte wie Gänsebraten, Pasteten und Federn im ganzen Land bekannt war. Heute gibt es nur noch 1.500 Federvieh-Bewohner, aber sie sind immer noch der Stolz des Dorfes. Besser gesagt der jungen Männer des Dorfes, die jedes Jahr ihre Gänseriche gegeneinander antreten lassen, um den Weltmeister im Ganter-Kampf zu bestimmen. Das zeugt von zweierlei: erstens ist offensichtlich ihr Verständnis der Welt nicht viel größer als Mokrin und Umgebung. Zweitens beweist „mann“ hier nicht selbst seine Manneskraft, sondern hofft, dass dies sein Ganter für ihn schafft.

So geht es nun schon seit 30 Jahren und „mann“ feiert dieses Jahr Jubiläum, nachdem man sich stillschweigend darauf geeinigt hat, die wegen Vogelgrippe ausgefallene WM 2006 mal einfach mitzuzählen. Sie nennen ihre Ganter liebevoll „Schwäne das Banats“, aber wenn es in den Kampf geht werden die Namen martialischer. Am Sonntag standen sich im Finalkampf Nakato-Nagano und Margitares gegenüber.

http://youtu.be/KaXJ9-qd7w0

Video: BR | Zoran Ikonic

Der Ablauf des Kampfes lässt erahnen, warum die Männerherzen höher schlagen. Jeder Ganter ist umringt von seinen vier Gänsen, die ihre jeweiligen Angebeteten hysterisch schnatternd anfeuern, während diese sich unerschrocken ineinander verbeißen. Wilde Flügelschläge, Gefauche und fliegende Federn bis …. bis einer von ihnen aufgibt und mit seinen Gänsen, die ihn trotz Niederlage weiterhin umringen, davonzieht. Verletzt werde dabei niemand, versichern die Veranstalter, außer der Stolz. Ob es sich hierbei um das Ehrgefühl der Gänse, oder ihrer Halter handelt, bleibt unbeantwortet.

Dieses Jahr hat Margitares klar gewonnen, was ihn nicht besonders zu berühren schien, aber sein „Herrchen“ Milorad Ristic (28 Jahre) zum Weltstar machte mit Pokal, Applaus und so viel Stolz, dass es mindestens für ein Jahr reichen sollte. Dann steigt Margitares mit seinen Gänsen wieder für sein Herrchen in den Ring. Sollte er sich dabei weiterhin als Heldenmacher beweisen droht er nicht irgendwann als Gänsebraten zu enden, sondern wird zum Gedenken ausgestopft, oder bekommt einen Platz auf dem dörflichen Gänsefriedhof. Dieser wird  übrigens geheim gehalten, da der Dorfpfarrer den Gänsehaltern wegen Blasphemie mit Sanktionen droht. Zu den Ganter-Kämpfen selbst sind keine Äußerungen von ihm bekannt.

Sie würden wahrscheinlich ohnehin auf taube Ohren stoßen, ebenso wie die alljährlichen Proteste der Tierschützer, denn Tradition ist halt Tradition. Und davon gibt es in Mokrin zu Hauf, wie zum Beispiel das Eier-Dötschen zu Ostern – daraus haben die kampfeslustigen Mokriner übrigens auch gleich eine Weltmeisterschaft gemacht. Wir werden natürlich auch von diesen atemberaubenden Wettkämpfen berichten.

Mitarbeit: Zoran Ikonic, Dejan Stefanovic und Gordan Godec

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