Der Geruch von Erdnussbutter liegt in der Luft. Seit zwei Stunden köchelt der gambische Eintopf „Domoda“ am Herd bereits vor sich hin. „In Afrika nehmen wir uns Zeit beim Kochen“, erklärt Ali die gambische Küche den österreichischen Teilnehmern eines Kochkurses in Wien, während er eine Limette halbiert und ihren Saft in den großen Topf tropfen lässt.
„Essen bringt die Leute zusammen“, sagt Julia. Die Soziologin engagiert sich seit drei Jahren ehrenamtlich bei KAMA, einem Verein, der Flüchtlinge und Asylbewerber das Abhalten verschiedener Kurse ermöglicht. Die Bandbreite reicht von Sprachkursen über Sporteinheiten bis hin zu Trommelworkshops.
Ali zeigt den Teilnehmern, was er am besten kann: Das Zubereiten gambischer Spezialitäten. „Kochen ist mein größtes Hobby. Schon als Kind stand ich immer neben dem Herd und habe meine Mutter beobachtet. So habe ich kochen gelernt“. In seinem Heimatland Gambia hat Ali in einem Restaurant gearbeitet.
Heute ist Ali Flüchtling – 2012 musste er aus Gambia fliehen, weil er sich für die Rechte Homosexueller eingesetzt hatte und deswegen für drei Monate ins Gefängnis musste. In Gambia wird Homosexualität mit lebenslanger Haft bestraft. Die Menschenrechtsorganisation „Amnesty International“ berichtet, Schwule und Lesben würden systematisch verfolgt und gefoltert.
Nach seiner Flucht quer durch Afrika und übers Mittelmeer kam Ali vor einem Jahr schließlich in Österreich an. Während die Teilnehmer des Kochkurses Zwiebeln, Karotten und Süßkartoffeln schneiden, erzählt ihnen Ali von seinen ersten Monaten in Österreich, die er im Flüchtlingslager Traiskirchen verbracht hat. Derzeit durch die massive Überbelegung ein Sinnbild für die Versäumnisse der österreichischen Asylpolitik, war die Situation in Traiskirchen vor einem Jahr für Ali noch erträglich: „Dort konnte ich für ein paar Euro am Tag in der Wäscherei arbeiten“. Jetzt lebt Ali mit sechs Mitbewohnern in Wien, wo ihm als Asylbewerber der Zugang zum regulären Arbeitsmarkt verwehrt ist. Wie lange sein Asylverfahren noch dauert ist offen. Jeden Tag schaut er in seinem Briefkasten nach, ob die Einladung zum Asyl-Prüfungstermin bereits angekommen ist. Doch Ali ist hochmotiviert, aus seiner Situation das Beste zu machen. „Ich möchte meine Zeit sinnvoll nutzen“, sagt der 26-jährige. Mit den Kochkursen kann er ein wenig Geld durch die freiwilligen Spenden der Kursteilnehmer verdienen und sich damit seinen Deutschkurs finanzieren. Denn auf einen kostenlosen Deutschkurs hätte er mehrere Monate warten müssen. Aber nicht nur deshalb leitet Ali die Kochkurse: „Kochen hilft, mit Menschen in Kontakt zu kommen und sich über unterschiedliche Kulturen auszutauschen. Die Leute, die zu den Kursen kommen, wollen etwas Neues lernen. Sie kommen nicht um zu kritisieren, sondern um das Essen zu genießen“, sagt Ali.
Nach dem leckeren „Domoda“ kommt noch „Chakri“, ein Dessert aus Couscous und Joghurt, auf den Tisch. Bei der Verabschiedung bedanken sich die Teilnehmer für den Kochabend, Handynummern werden ausgetauscht. Für Ali bedeutet der Kurs, den er je nach Nachfrage etwa einmal im Monat hält, einen Anflug von Normalität – die er nicht hat, solange er jeden Tag vergeblich den erwarteten Brief im Postkasten sucht. „Ich muss etwas machen, sonst verliere ich die Gewohnheit zu arbeiten. „Wenn das Asylverfahren abgeschlossen ist, würde ich gerne eine Ausbildung als Koch machen oder im Bereich Marketing arbeiten“, sagt Ali, der sich einfach nur einen normalen Job und eine nette Wohnung wünscht: „So wie jeder Mensch in Österreich und auf der ganzen Welt“.
Mitarbeit: Isabella Purkart
REZEPTE FÜR „DOMODA“ und „CHAKRI“
Für diejenigen, die nun Appetit bekommen haben und nicht in Wien sind, um einen Kochkurs bei Ali zu belegen, haben wir das Rezept mitgeschrieben. Die Zutaten sind für etwa 15 Personen gerechnet – denn in Gambia kocht man nicht für sich alleine. Jeder hat Großeltern, Vater, Mutter, Brüder, Schwestern und Nachbarn, die auch hungrig sind. Wer es ganz authentisch haben will: Gegessen wird gemeinsam aus einer Schüssel. Wichtig: Mit der rechten Hand. Für die vegetarische Variante einfach das Fleisch weglassen.
Domoda
2 Zwiebeln
1 kg Rindfleisch
1 rote Paprika
5 Tomaten
2 Auberginen
1 kg Karotten
2 Süßkartoffeln
2 Cassava
2 Gläser Erdnussbutter
1 Tube Tomatenmark
2 Chilischoten
2 Maggiwürfel
1 Limette
1 kg Reis
Salz, Pfeffer
Einen großen Topf mit reichlich Wasser füllen. Kleingehackte Zwiebeln, gewürfeltes Rindfleisch sowie kleingeschnittene Paprika und Tomaten hineingeben und bei geschlossenem Deckel zum Kochen bringen. Nach einiger Zeit in große Stücke geschnittene Auberginen, Karotten und Süßkartoffeln dazugeben und mitkochen. Etwas später die ebenfalls in große Stücke geschnittenen Cassava dazugeben. Wieder einige Zeit kochen lassen, dann die Erdnussbutter dazugeben. Die Auberginen und Süßkartoffeln aus dem Topf entfernen und in eine Schüssel auf die Seite stellen. Tomatenmark, Chilischoten und Maggiwürfel dazugeben. Zum Schluss das zuvor entfernte Gemüse wieder zurück in den Topf geben und den Saft der Limette hinzufügen. Der Kochprozess dauert insgesamt etwa 1,5 bis 2 Stunden. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Den Topf vom Herd nehmen und einige Minuten ziehen lassen. Zwischenzeitlich den Reis kochen und zusammen servieren.
Chakri
1 Packung Couscous
1 Stückchen Butter
½ Packung Rosinen
1 Kübel Naturjoghurt
25 g Zucker
3 Packungen Vanillezucker
1 Dose Kondensmilch
Couscous in einer Schüssel mit kochendem Wasser übergießen, mit Alufolie abdecken und einige Minuten stehen lassen. Etwas Butter und Rosinen zum Couscous mischen, dann fünf Minuten in die Mikrowelle geben. In der Zwischenzeit Joghurt mit Zucker, Vanillezucker und Kondensmilch mischen. Couscous und die Joghurtmischung zusammen in Dessertschüsseln anrichten und genießen.







