„Kriegsgedenken – die Nationalbibliothek von Sarajevo wird wiedereröffnet“ – Ein Audiobeitrag von Ralf Borchard

Einst residierten hier die k. u. k.-Statthalter, dann beherbergte das Gebäude im „pseudo-maurischen“ Stil das kulturelle Gedächtnis Bosnien-Herzegowinas. Unschätzbare Zeugnisse der Osmanen lagerten hier. Dieses kulturelle Erbe wollten die serbischen Agressoren während des Bürgerkrieges der 1990er Jahre gezielt auslöschen. Sie zerstörten Moscheen. Und in der Nacht vom 25. auf den 26. August 1992 legten serbische Granaten die Nationalbibliothek von Sarajevo in Schutt und Asche. Zwei Millionen Bücher und wertvolle Manuskripte verbrannten bei dem Angriff. Ein Bild der zerstörten Vijecnica ziert das Cover des „Manuskripts von Sarajevo“ – der spanische Autor Juan Goytisolo war damals einem Aufruf der amerikanischen Schriftstellerin Susan Sontag gefolgt und berichtete für spanische Zeitungen über die Belagerung der bosnischen Hauptstadt. Sie dauerte insgesamt fast vier Jahre – 11.000 Menschen kamen damals in der Stadt ums Leben.

Der bosnische Musiker Vedran Smajlovic spielte damals nicht nur in der zerstörten Nationalbibliothek Cello. Auch Begräbnisse, häufig Ziel von Heckenschützen, untermalte er mit seinen Klängen. Der Roman des kanadischen Autors Steven Galloway setzt dem „Cellisten von Sarajevo“ ein Denkmal.
Als Requiem für 22 bei einem Granatenangriff getötete Bewohner Sarajevos spielt der Cellist an den 22 darauffolgenden Tagen Albinonis Adagio in g-Moll. Im Roman wird der Cellist dabei von einer bosnischen Heckenschützin gegen die serbischen Sniper auf den umliegenden Hügeln geschützt.
Nach umfangreicher Restaurierung wird die Nationalbibliothek nun wiedereröffnet. Es wird das Prunkstück der Gedenkfeiern zum 100. Jahrestag des Attentats von Sarajevo, das 1914 den Ersten Weltkrieg auslöste, und Kulisse für ein Konzert der Wiener Philharmoniker am 28. Juni 2014 sein.





