Weiter auf Konfrontatin: Ungarn vor der Europawahl. EIn Audiobeitrag von Tim Aßmann
Brüssel als Feind – neue Freunde im Osten
Gerade erst haben die Ungarn Viktor Orbán wieder gewählt. Mit Hilfe von Wahlrechtsänderungen reichte es wieder für eine Zweidrittel-Mehrheit. Nachdem schon die letzte Legislatur-Periode vom Dauer-Clinch mit Brüssel gekennzeichnet war, plakatiert die nationalkonservative Regierungspartei FIDESZ einen Slogan zur Europa-Wahl, der wie eine erneute Kampfansage wirkt: „Respekt für die Ungarn“, heisst es schlicht, neben dem Konterfei des Ministerpräsidenten Orbán.
Die FIDESZ-Spitzenkandidatin will die „nationalen Interessen“ in den Vordergrund rücken. Das heisst im Fall Ungarn auch: Eine Hinwendung gen Osten. Gerade erst hat die Regierung Orbán einen Milliarden-Atom-Deal mit Putin abgeschlossen. Die Ukraine-Krise nutzt Orbán, um Autonomie auch für die etwa 150.000 ethnischen Ungarn in der Ukraine zu fordern: Putin macht es vor, Orbán kopiert. Orbáns Schwenk gen Osten wird im Netz mit einem verfremdeten Wahlplakat ironisiert. „Auf Wiedersehen“ heisst die „Botschaft an Brüssel“ da auf Russisch.

Es gibt zahlreiche Satire-Varianten des Wahlplakats: Mal wird der Empfänger ausgetauscht – „Respekt für die Ungarn“ wird Viktor Orbán empfohlen.
Mal schickt Brüssel eine Botschaft an Ungarn und fordert „Respekt für Brüssel“ ein. Mal wird eine Botschaft an Brüssel in Szekler-Runen-Schrift geschickt – ähnlich den zahllosen Ortstafeln, die man in Ungarn schon so gestaltet sieht. Sie sind besonders beliebt bei Rechtsextremen.

Apropos: Die rechtsextreme Jobbik hat seit der Parlamentswahl im April mächtig Rückenwind. Sie empfiehlt anlässlich der Europawahl den Ungarn, zwischen der Drag-Queen Conchita Wurst und einer feschen Ungarin im Folklore-Kleid zu wählen.

Die rechtsextreme Partei tritt zwar für den Einzug ins Europa-Parlament an, sieht Ungarn aber „als Kolonie Brüssels“ an, ist in letzter Konsequenz für einen EU-Austritt. Die Rechtsextremen werben für ein „Europa der Nationen“ als Gegenentwurf zur angeblichen „Supermacht Brüssel“ – Kapitalismus-Kritik von rechts. Als Pro-Europäer treten die ehemaligen Ministerpräsidenten Gyurcsány und Bajnai auf. Beide hatten in einer gemeinsamen Links-Allianz bei der Parlamtentswahl nicht überzeugen können. Genausowenig wie die Sozialisten. Dazu gelernt haben sie alle nichts: Der Europawahlkampf der Linken ist farblos. Langweilige Slogans wie „Sicherheit“, „Zeitenwende“ oder „Wohlstand“ wirken kraft- und mutlos.
