Mercedesteile aus Bosnien, ein Beitrag von Stephan Ozsváth:
Seit 2011 produziert die Firma Veritas an ihrem Standort in Rajlovac, am Stadtrand von Sarajevo Teile für die deutsche Autoindustrie, vor allem Leitungen, die den Sprit vom Tank in den Motor bringen. Kunden sind Volkswagen, Daimler-Benz und BMW. Das Unternehmen gilt als Vorzeigebetrieb, sogar Bundesaußenminister Steinmeier war kürzlich zu Besuch, als er nach Sarajevo kam.

Die 200-köpfige Belegschaft besteht aus Bosniern, und die bringen eine Schlüsselqualifikation mit: Sie sprechen fließend Deutsch. Eine Fähigkeit, die sie als Flüchtlinge in Deutschland erworben haben. So wird aus dem Schlechten noch etwas Gutes. „Wir Deutschen hätten alle sonst Englisch sprechen müssen“, sagt Geschäftsführer Horst Eisenacher, der noch etwas an seinen Mitarbeitern schätzt: die Flexibilität. Wenn nötig, werden Überstunden gemacht oder Schichten verändert. „Das hat man auch nicht überall“, sagt er.
Die Leute hier sind hoch motiviert, und das hat einen Grund: Die Krise im Land. Mehr als 40 Prozent der Bosnier sind offiziell arbeitslos, insbesondere junge Bosnier finden oft keinen Job. Auch der 28-jährige Anel Azic hatte fünf Jahre lang kein Auskommen. „Dann ist es sehr hart hier“, sagt er. Gut findet er die geregelten Arbeitszeiten bei dem deutschen Unternehmen. „Meine Frau muss dagegen 12 Stunden schuften“, vergleicht er. Auch die 40-jährige Aida Sofic sieht das ähnlich. „Das erinnert uns an Deutschland“, sagt die Mutter von drei Kindern, die Werkstücke für die VW-Modelle Tiguan und Sharan fertigt, „wir arbeiten acht Stunden, haben unsere Pause, alles ist geregelt“. Auch sie war während des Bürgerkrieges vier Jahre in Deutschland, in Villingen-Schwenningen, erzählt sie. „Es braucht mehr solche Unternehmen in Bosnien“, glaubt Produktionsleiter Sinisa Andric.
Alles eitel Sonnenschein also ? Keineswegs, sagt der Geschäftsführer des Unternehmens. Als Hindernis für Investoren aus dem Ausland empfindet er die Bürokratie in Bosnien; Aufenthaltsgenehmigung, Arbeitserlaubnis. „Da fühlt man sich wie der Hauptmann von Köpenick“, so Eisenacher im ARD-Interview. Auch Zölle, lange Formalitäten – all das sei lästig. Würde ein EU-Beitritt die Dinge leichter machen ? „Erst mal muss hier in Bosnien Wirtschaftskraft rein“, sagt er, „dann die EU“.
Mitarbeit Eldina Jasarevic



