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Gelebte Toleranz in Bulgarien
Muslime renovieren orthodoxe Kirche in Kozlec
Zum orthodoxen Osterfest erklangen zum ersten seit Jahren wieder die Glocken der Kirche im kleinen Dorf Kozlec im Süden Bulgariens. Das scheint erst einmal nicht verwunderlich, Dreiviertel der Bulgaren sind orthodoxe Christen. Doch Kozlec ist ein muslimisches Dorf und es waren die muslimischen Dorfbewohner, die die alte zerfallene Kirche restauriert haben. „Hier leben nur noch 30 Christen und die meisten von uns sind über 50 Jahre alt“, erklärt Petar Atanasov, der 37-jährige Kirchenvorsteher. So haben die muslimischen Nachbarn über Jahre hinweg Gelder gesammelt und selbst zu Schaufel und Kelle gegriffen, um der 100 Jahre alten „Heiligen Erzengel Michael“ Kirche wieder Leben einzuhauchen. Ein Beispiel von Gemeinschaftlichkeit und Toleranz zwischen Christen und Muslimen in Bulgarien. „Wir leben seit jeher in Frieden und gegenseitigem Verständnis, das unseren gemeinsamen Alltag bestimmt“, betont Petar stolz. Ein Nachbar baute die neuen Fenster, ein anderer stellte den neuen Zaun auf und alle zusammen spendeten 1.000 Euro, um den Glockenturm wieder herzurichten.
Die Initiative ging von Bürgermeister Beinur Kadir aus, der die lokalen muslimischen Geschäftsleute zur Unterstützung aufrief. „Das Rezept für ein tolerantes Leben ist ganz einfach: gut sein, anstatt gierig. Hass und Feindschaft zwischen den Religionen in Europa und im mittleren Osten wecken die geopolitischen Strategien und Machenschaften der Großmächte. Ich glaube, nicht das dies in Bulgarien möglich ist“, versichert der muslimische Bürgermeister. Aber Petar Atansov ist mit Blick auf die aktuelle Flüchtlingskrise nicht so optimistisch: „Das Problem liegt nicht in den unterschiedlichen Religionen, sondern in den unterschiedlichen Kulturen und Sprachen“. Die Migrationspolitik der deutschen Kanzlerin lehnt der orthodoxe Christ entschieden ab.
So bleibt der Eindruck, dass die unbestimmte Angst vor dem Fremden, die dem Menschen eigen ist, trotz der positiven Erfahrung gelebter Toleranz, nicht so einfach aus den Köpfen weichen will. Erst recht nicht, wenn Arbeitslosigkeit und Wirtschaftskrise das Überleben auf dem Land immer schwieriger machen. So haben viele junge Christen das Dorf verlassen und haben in Deutschland, den Niederlanden oder Griechenland Arbeit gefunden. Ihre finanzielle Unterstützung sichert das Überleben ihrer Angehörigen, die im Dorf geblieben sind.
Wie in vielen ländlichen, verarmten Gegenden setzen auch hier alle ihre Hoffnungen in den Tourismus. Das nahegelegen Naturdenkmal „Steinerne Pilze“ lockt immer mehr Besucher an und Petar Atanasov hofft, dass nun auch die renovierte Kirche Touristen aus aller Welt nach Kozlec lockt.
Vielleicht nimmt dann auch die Angst vor dem Fremden ab, denn auch die Touristen haben unterschiedliche Kulturen und Sprachen.